Vitamin B12 oder Cobalamin gehört zu den essentiellen Vitaminen, die der Mensch ausschließlich über die Nahrung aufnehmen kann. Es wird von wenigen Mikroorganismen gebildet, die sich beispielsweise im Darm von Wiederkäuern befinden. Unseren täglichen Bedarf von etwa 3 µg pro Tag (entspricht 0,003 mg pro Tag) können wir folglich fast nur den Verzehr von tierischen Lebensmitteln decken (siehe Tabelle 1). Wenige Pflanzen, die in Symbiose mit Knöllchenbakterien an deren Wurzeln leben und vergorene Lebensmittel wie Sauerkraut enthalten Spuren von Vitamin B12. Bei normaler Mischkost ist ein Mangel an Cobalamin äußerst selten. Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, sollten dieses Vitamin über Nahrungsergänzung wie Tabletten (z.B. Cyanocobalamin) substituieren. Hier sind schon geringe Dosierungen von 1 µg pro Tag ausreichend. Bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und chronischem Alkoholabusus ist ein Mangel zu erwarten. Auch bei Senioren können, wegen Einschränkungen bei der Aufnahme von Vitamin B12, Mängel entstehen. Megadosen an Vitamin C (mehr als 1 g pro Tag) können einen Vitamin B12-Mangel hervorrufen, da Vitamin C Cobalamin zerstört.


Lebensmittelµg B12/100 g
Kalbfleisch2,0
Kalbsleber60
Schweinefleisch1,0
Milch0,41
Hering8,5
Hühnerei1,9
Joghurt0,4
Emmentaler3,0
Sojasauce0,3
Ingwer0,16

Funktion, Aufnahme und Bioverfügbarkeit von Cobalamin

Cobalamin existiert in verschiedenen Formen, die im Körper unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Es ist wichtig für die Bildung von Blut- und Nervenzellen, sowie den Abbau von Fettsäuren, es hat Einfluss auf die Psyche und ist beteiligt an der Bildung wichtiger Botenstoffe und Neurotransmitter. Die aktiven Formen in unserem Körper sind Adenosyl-, sowie Methyl-Cobalamin (Coenzyme des Vitamin B12).

In Nahrungsergänzungen ist häufig das synthetisch hergestellte Cyanocobalamin zu finden, welches in beide aktive Formen umgewandelt werden kann. Hydroxy-Cobalamin ist die in Lebensmitteln natürlicherweise vorkommende Form. Alle aktiven und inaktiven Vitaminvorstufen werden bereits im Mund- und Magenschleimhaut mit einem Molekül (Intrinsic Factor = IF) verbunden, um es gegen die Verdauung im Magen zu schützen und so in den Dünndarm zu gelangen. Dort wird es über die Darmschleimhaut aufgenommen und gelangt entweder zur Speicherung in die Leber oder den Muskel oder wird direkt in den Zielgeweben verwendet. Pro Mahlzeit kann der Körper etwa 2 µg des Vitamins aufnehmen, der überschüssige Rest wird über den Urin ausgeschieden. Ein Mangel an Vitamin B12 wird meist erst nach Jahren entdeckt, da dieses Vitamin teilweise über die Galle wieder in den Darm gelangt und von dort aus wiederverwendet werden kann. Das bedeutet, trotz geringer Aufnahme über die Nahrung, z. B. bei Vegetariern, wird ein Großteil des Cobalamin zurückresorbiert. 


Cyanocobalamin schädlich oder besser als sein Ruf!

In einigen Veröffentlichungen im Internet häufen sich die Aussagen, dass Cyanocobalamin schädlich bzw. giftig sein soll oder eine schlechte Alternative zu den aktiven Formen des Vitamins darstellt. Diese Aussagen beruhen vor allem auf Studien aus den 60er und 70er Jahren und sind längst widerlegt.

Vorteile des Cyanocobalamin:

  • Hohe Stabilität führt zu einer großen Sicherheit der Aufnahmemenge.
  • Cyanocobalamin kann in beide aktive Formen des Vitamins umgewandelt werden, je nachdem, welches gerade vom Körper benötigt wird. Wohingegen eine alleinige Aufnahme von Methyl-Cobalamin nicht in Adenosyl-Cobalamin umgewandelt werden kann, wodurch wichtige Stoffwechselwege nicht ausreichend versorgt werden. Eine Zufuhr von Methylcobalamin ist daher eine schlechte Alternative.
  • Die Aufnahme und Bioverfügbarkeit des Cyanocobalamin im Vergleich zu den anderen B12 Formen ist laut Studien als gleichwertig anzusehen.
  • Um das Cobalamin verfügbar zu machen, muss der Cyanid-Rest abgespalten werden. Die Menge an Cyanid, welches in der Natur z. B. in Bittermandeln, Süßkartoffeln und Leinsamen auch vorkommt, ist so gering, das selbst bei hohen Dosierungen keine Gesundheitsgefahr besteht. Daher wird Cyanocobalamin als Arzneimittel selbst in hohen Dosen angewendet. Alles überschüssige Vitamin B12 wird auf Grund der Wasserlöslichkeit über den Urin ausgeschieden.

Fazit

Vitamin B12 ist unabdingbar für unseren Körper, denn Vitamin B12

  • trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei 
  • Vitamin B12 hat eine Funktion bei der Zellteilung
  • Vitamin B12 trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei
  • Vitamin B12 trägt zu einem normalen Homocystein- Stoffwechsel bei
  • Vitamin B12 trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei 
  • Vitamin B12 trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei 
  • Vitamin B12 trägt zur normalen psychischen Funktion bei 
  • Vitamin B12 trägt zu einer normalen Bildung roter Blutkörperchen bei

Quellen:

Elmadfa, Leitzmann (2004): Ernährung des Menschen. UTB Verlag, Stuttgart. 4. Auflage
Obeid et al. (2015): Cobalamin coenzyme forms are not likely to be superior to cyano- and hydroxyl-cobalamin in prevention or treatment of cobalamin deficiency. Mol. Nutr. Food Res. 59, 1364–1372
Katja Aue (2008): Vitamin B12 – komplexe Struktur, wichtige Funktion DAZ 2008, Nr. 19, S. 80
Zhang et al. (2017): Efficacy of Vitamin B Supplementation on Cognition in Elderly Patients With Cognitive-Related Diseases. J Geriatr Psychiatry Neurol. 30(1):50-59
Fröleke (2005): Kleine Nährwerttabelle. UMSCHAU-Verlag. 43. Auflage.
Thakkar et al. (2015): Treatment of vitamin B12 deficiency-methylcobalamine? Cyancobalamine? Hydroxocobalamin?-clearing the confusion. Eur J Clin Nutr. 69(1):1-2


Dr. med. Dipl.-Ing. Georg Wolz

Facharzt für Allgemeinmedizin und Ernährungsmedizin und Dipl.-Ing. für Biotechnologie

Dr. med. Dipl. Ing. Georg Wolz studierte an den Technischen Universitäten Berlin und München Biotechnologie und Ernährungstechnologie. Anschließend begann er ein Medizinstudium an der Johan-Gutenberg-Universität Mainz, das er mit einer Promotion abschloss. Danach folgte die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin sowie zahlreiche Weiterbildungen – u.a. zum Ernährungsmediziner der Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). Nach Tätigkeiten in verschiedenen Krankenhäusern arbeitete Wolz als niedergelassener Arzt mit eigener Praxis im Raum Bingen.


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