Kakaoflavanole und deren Wirkung
„Schokoladenkonsum hilft gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen“? Auf diese und viele ähnlich klingende Schlagzeilen stößt man im Internet, wenn man nach Schokolade und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sucht. Jedoch ist diese Frage nicht so einfach zu beantworten. Im Folgenden soll sie jedoch beantwortet werden.
Flavanoide bzw. Flavanole im Kakao
Schokolade enthält je nach Kakaoanteil mehr oder weniger hohe Mengen der sekundären Pflanzenstoffe, der sogenannten Flavanoide. Diese Flavanoide sind die größte Untergruppe der phenolischen sekundären Pflanzenstoffe.
Sie kommen in der Pflanzenwelt überall verbreitet vor und weisen eine hohe Strukturvielfalt auf. Flavanole, eine Untergruppe der Flavonoide, kommen in vielen Früchten z. B. Weintrauben, Äpfeln, Aprikosen, aber vor allem auch in Tee und Schokolade vor. Es wird geschätzt, dass wir im Schnitt ca. 18-50 mg Flavanole pro Tag zu uns nehmen.
Die Flavanole der Schokolade sind einfacher gebaut als beispielsweise die des grünen Tees und werden als Catechine und Epicatechine bezeichnet. Folgende Tabelle zeigt die Gehalte an sogenannten Monomeren Flavanolen, wie Catechin und Epicatechin, in ausgewählten Lebensmitteln.
Lebensmittel (Portionsgröße) | Gehalt an Flavanolen mg/Portion |
Schokolade (50 g) | 23-30 |
Bohnen (200 g) | 70-110 |
Aprikosen (200 g) | 20-50 |
Kirschen (200 g) | 10-44 |
Grüner Tee (200 ml) | 20-160 |
Schwarzer Tee (200 ml) | 12-100 |
Ein weiteres, etwas komplexeres Flavanol in Schokolade ist das Procyanidin B2.
Schokolade nicht gleich Schokolade
Jedoch ist Schokolade nicht gleich Schokolade. Der Gehalt an Flavanolen nimmt mit zunehmendem Grad des Verarbeitungsprozesses (Röstung, Fermentierung, Alkalisierung) ab. Kakaomasse aus leicht fermentierten Kakaobohnen hatte in Untersuchungen den höchsten Gehalt an Flavanolen, danach folgt in absteigenden Konzentrationen Kakaomasse aus stark fermentierten Kakaobohnen, dunkle Schokolade und mit geringen Werten zum Schluss die Milchschokolade. Dunkle Schokolade mit bis zu 90 % Kakaoanteil und wenig Zuckergehalt kann bis zu 200 mg / 100g Epicatechin enthalten. Meist greift der Verbraucher jedoch aus geschmacklichen Gründen auf Schokolade mit geringerem Kakaoanteil und höherem Zucker- und Fettgehalt zurück, denn je mehr Flavanole enthalten ist, desto bitterer schmeckt die Schokolade. Handelsübliche Produkte mit geringem Kakaoanteil sind folglich für Personen, die bereits Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Übergewicht oder Diabetes haben, keine sinnvolle Flavanol-Quelle.
Die Bioverfügbarkeit von Flavanolen, also die Menge der aufgenommenen Substanz, die dem Körper nach dem Verzehr zur Verfügung steht, ist bei einfach gebauten Flavanolen besser als bei komplexeren Strukturen. Sie wird zudem von der Zubereitungsart und dem gleichzeitigen Konsum von Aufnahme-hemmenden Lebensmittelbestandteilen beeinflusst (z. B. Milch).
Wir wirken Pflanzenstoffe und Kakaoflavanole?
Die Wirkung der Flavanole / sekundäre Pflanzenstoffe im menschlichen Körper ist bereits gut erforscht und in neuester Zeit sind weitere Studien hinzugekommen, die deren positiven Einfluss insbesondere auf das Herz-Kreislauf-System stützen.
Die wesentlichen Effekte sind:
- Sie erhöhen die Stickstoffmonoxid-Freisetzung in Gewebezellen der Blutgefäße. Stickstoffmonoxid erweitert die Gefäße und verbessert den Transport von Sauerstoff und Nährstoffen zu den Organen. Das Gewebe ist elastischer und der Blutdruck wird reduziert.
- Sie hemmen Enzymsysteme, die bei zu starker Aktivität zelltoxische Substanzen an das Gewebe der Gefäße abgeben.
- Sie wirken entzündungshemmend, in dem sie die Bildung von Botenstoffen vermindern, die eine Entzündung in den Gefäßen auslösen oder aufrechterhalten. Gleichzeitig werden Gene für Botenstoffe aktiviert, die wiederum antioxidative Enzymsysteme hochregulieren, also die Entgiftung von Fremdstoffen verbessert.
- Sie wirken stabilisierend auf den Cholesterin- und Triglyceridstoffwechsel, sodass einer Atherosklerose entgegengewirkt wird.
- Sie wirken der Zusammenlagerung von Thrombozyten im Blut entgegen, sodass das Risiko für einen Verschluss der Gefäße verringert wird.
- Fördern die Elastizität der Blutgefäße und tragen so zu einem gesunden Blutfluss in allen Blut- und Kapillargefäßen sowie Organen bei. Gesunde, elastische Blutgefäße und ein normaler Blutfluss sind Bestandteil einer gesunden Durchblutung.
Viele Studien mit Kakaoflavanolen zeigten genau diese Wirkung. Bei bereits an Bluthochdruck erkrankten Personen sank durch regelmäßige Aufnahme von vorzugsweiser dunkler Schokolade, Flavanol-reichen Getränken oder ausgewählten Nahrungsergänzungen mit Kakaoflavanolen der Blutdruck. Bei gesunden Probanden sahen die Wissenschaftler keine Effekte auf den Blutdruck. Von einer kardioprotektiven Wirkung ist jedoch auch für Gesunde auszugehen. Die größte Wirkung hatte dabei das Epicatechin, dass im Kakao in besonders hoher Konzentration vorkommt. In einer aktuellen Langzeitstudie mit Kakaoflavanolen in Kapselform zeigten die Wissenschaftler, dass in der Interventionsgruppe (die Personen, die den Wirkstoff erhielten, nicht das Placebo) die Rate der kardiovaskulären Todesfälle um 27 % verringert war. Zudem konnte das Risiko für kardiovaskuläre Vorfälle, wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle, um 10 % reduziert werden.
Zusammenfassung
Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass bereits ein moderater Konsum von dunkler Schokolade mit möglichst hohem Kakaoanteil eine Aufnahme von Flavanolen ermöglicht, jedoch wird deren Konzentration stark vom Verarbeitungsprozess der Kakaobohne beeinflusst. Zudem stellt eine regelmäßige Aufnahme von Schokolade mit hohem Fett- und Zuckeranteil bei Personen keine geeignete Flavanol-Quelle dar, wenn das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ohnehin erhöht ist.
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Dr. med. Dipl.-Ing. Georg Wolz
Facharzt für Allgemeinmedizin und Ernährungsmedizin und Dipl.-Ing. für Biotechnologie
Dr. med. Dipl. Ing. Georg Wolz studierte an den Technischen Universitäten Berlin und München Biotechnologie und Ernährungstechnologie. Anschließend begann er ein Medizinstudium an der Johan-Gutenberg-Universität Mainz, das er mit einer Promotion abschloss. Danach folgte die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin sowie zahlreiche Weiterbildungen – u.a. zum Ernährungsmediziner der Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). Nach Tätigkeiten in verschiedenen Krankenhäusern arbeitete Wolz als niedergelassener Arzt mit eigener Praxis im Raum Bingen.
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